Lesung & Gespräch im Kulturspeicher Ueckermünde: „Grenzraum –Begegnungen an Oder und Neiße“

Ueckermünde, 20. November – Kurz nach 19 Uhr füllte sich der Kulturspeicher Ueckermünde mit Gästen, die zur Lesung und zum Gespräch mit der Journalistin und Autorin Beatrix Flatt gekommen waren. Die Veranstaltung, gefördert durch die Friedrich-Ebert-Stiftung, bot beeindruckende Einblicke in Flatts neues Buch „Grenzraum: Begegnungen an Oder und Neiße“ und in die Geschichten der Menschen, die entlang der deutsch-polnischen Grenze leben.

Einen Sommer lang war Flatt mit dem Fahrrad entlang von Oder und Neiße unterwegs – 468 Kilometer Grenzraum, geprägt von Begegnungen, die von nachbarschaftlicher Offenheit, persönlichem Engagement und dem Wunsch nach einem eng verflochtenen Miteinander erzählen. In einem lebendigen Bildervortrag zeigte die Autorin zahlreiche Bilder ihrer Reise und erzählte von den Menschen, die sie getroffen hat: Menschen aus beiden Ländern, die im Grenzraum leben, arbeiten und ihn aktiv gestalten. Im Gespräch wurde deutlich, was Flatt zur neuen Expedition motivierte: Nach ihrem Projekt zum „Grünen Band“ wollte sie erneut eine Grenze erfahrbar machen – diesmal jene zwischen Deutschland und Polen, deren Alltag längst von Austausch und Zusammenarbeit geprägt ist. Sie berichtete von den intensiven Vorbereitungen für ihre sechswöchige Radreise, bei der sie nicht nur geografische, sondern auch sprachliche Grenzen überwand. Flatt sprach über die Bedeutung von Mehrsprachigkeit und darüber, wie sehr sprachliche Kompetenz zu einer echten Verständigung beiträgt – gerade in Grenzregionen. Sie verwies dabei auch auf Akteure wie Gunnar Hille und KoKoPol, die grenzübergreifende Kommunikations- und Kulturprojekte fördern, sowie auf das Polenmobil, das mit jährlich rund 183 Einsätzen wertvolle Vermittlungsarbeit leistet. Die Autorin berichtete von besonderen Orten wie dem Dreiländereck, dem UNESCO-Park Bad Muskau und Kunstprojekten im öffentlichen Raum, etwa in Frankfurt (Oder). Auch das Leben der Menschen am Stettiner Haff wurde lebendig: darunter eine Frau, die humorvoll berichtete, sie übe „vom Bestatterhandwerk bis zur Gastronomie wirklich jeden Beruf“ aus. Flatt stellte engagierte Persönlichkeiten vor, etwa Dana Jesswein, die sich „Grenzländerin“ nennt, oder Monika Szymanik, die die deutsche Geschichte Stettins (Szczecins) neu zugänglich macht. Trotz wachsender nationalistischer Tendenzen – sowohl in Deutschland als auch in Polen – habe sie bewusst die vielen positiven Beispiele des Miteinanders sichtbar machen wollen, so Flatt: Menschen, die Europa leben, statt es skeptisch zu betrachten.

Zum Abschluss hob sie eine Begegnung besonders hervor: die Geschichte von Lidia Fiedorowicz, die ihre Heimat verlassen musste und im Haus von deutschen Vertriebenen lebt und die diesen komplexen Teil der Vergangenheit mit Offenheit und Respekt weiterträgt.

Der Abend bot damit nicht nur literarische Einblicke, sondern wurde zu einem eindrucksvollen Plädoyer für Verständigung, gelebte Nachbarschaft und eine gemeinsame europäische Zukunft.

Warum es an der Oder so Neiß ist? Live-Show mit Steffen Möller begeistert in Rostock

Am Mittwoch, den 21. Mai 2025, um 18:00 Uhr lud die Deutsch-Polnische Gesellschaft Mecklenburg-Vorpommern (Sektion Rostock) gemeinsam mit der Hanse- und Universitätsstadt Rostock zur Live-Show „Warum es an der Oder so Neiß ist?“ in den Festsaal des Rostocker Rathauses ein. Rund 160 Besucher*innen folgten der Einladung und erlebten einen Abend voller Humor, Tiefgang und zwischenmenschlicher Begegnungen.

Steffen Möller, bekannt als Kabarettist, Autor und Schauspieler, nahm das Publikum mit auf eine unterhaltsame Reise durch das deutsch-polnische Zusammenleben. Mit feinem Gespür für kulturelle Eigenheiten, charmanten Anekdoten und pointierten Beobachtungen zeigte er, wie viel beide Länder miteinander verbindet – und wie man kulturelle Unterschiede mit Humor und Offenheit überbrücken kann.

Jurek Sobolewski (Sektion Rostock der Deutsch-Polnischen Gesellschaft MV) begrüßte die Gäste und stimmte auf den Abend ein.

Steffen Möller berichtete von seinem eigenen Weg nach Polen: Ein Sprachkurs für 600 DM in Krakau wurde zum Ausgangspunkt einer bemerkenswerten Karriere – als Deutschlehrer, Schauspieler in der beliebten polnischen Fernsehserie “M jak miłość” (L wie Liebe) und erfolgreicher Autor.

Ein integrierter Sprachkurs mit Augenzwinkern: Möller erklärte die Tücken der polnischen Aussprache, brachte dem Publikum Wörter wie przepraszam (Entschuldigung) und dzień dobry (Guten Tag) näher – und sorgte dabei für viele Lacher.

In seiner Show beantwortete er Fragen wie: Was verbindet Warschau und Wuppertal? Welche Polen muss man kennen? Wo liegen die kulturellen Gemeinsamkeiten zwischen Deutschland und Polen? Mit sprachlicher Raffinesse und spitzem Witz baute Möller Vorurteile ab und eröffnete neue Perspektiven auf unsere europäische Nachbarschaft. Seine Geschichten waren lebendig, seine Pointen treffsicher, und seine Botschaft klar: Das Leben zwischen den Kulturen ist nicht nur lehrreich – sondern auch unglaublich unterhaltsam.

Veranstalter:

Deutsch-Polnische Gesellschaft Mecklenburg-Vorpommern e. V. & Hanse- und Universitätsstadt Rostock

Mediale Unterstützung: polenmARkT e. V.

 

Robert Dahl stellt sich seiner Familiengeschichte: Neue Erkenntnisse zur NS-Vergangenheit seines Großvaters mit Bezug zu polnischen ZwangsarbeiterInnen 

Die Zeit des Nationalsozialismus ist ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte. Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, sich dieser Vergangenheit mit Transparenz, Aufrichtigkeit und dem festen Willen zur Aufarbeitung zu stellen. Natürlich tragen die Enkel nicht die Schuld für das, was ihre Großeltern getan haben. Doch wir haben die Verantwortung, uns der Vergangenheit zu stellen und damit offen umzugehen. 

Durch die Recherchen eines Journalisten der BILD-Zeitung, Hans-Wilhelm Saure, wurde bekannt, dass Karl Dahl, der Großvater von Robert Dahl, Mitglied der NSDAP war. Zudem gab es auf dem landwirtschaftlichen Betrieb der Familie während des Zweiten Weltkriegs drei ZwangsarbeiterInnen: eine Mutter mit ihrer Tochter sowie einen Mann.  

Robert Dahl hat mit Bekanntwerden dieser Recherche begonnen, sich mit der Geschichte seiner Familie intensiv auseinanderzusetzen und aktiv zur Aufarbeitung beizutragen. Er hat bereits erste Schritte unternommen, um Kontakt zu den Nachfahren der betroffenen ZwangsarbeiterInnen aufzunehmen. Einer dieser Nachkommen ist Adam, ein 51-jähriger Pole aus Masuren. Er ist der Enkel einer der Frauen, die damals auf dem Hof der Familie Dahl arbeiten mussten. Mittlerweile ist es zu einer ersten persönlichen Kontaktaufnahme zwischen Robert Dahl und Adam gekommen.  

Angesichts der neuen Erkenntnisse über seine Familiengeschichte stellt Robert Dahl auf der Webseite seines Unternehmens klar, dass er sich seit der Gründung von Karls Erlebnis-Dorf im Jahr 1993 für ein friedliches und respektvolles Zusammenleben einsetzt. Sein Unternehmen stehe für Menschlichkeit, Offenheit und ein Miteinander, das Herkunft, Religion oder kulturelle Unterschiede überwindet. Dahl selbst spricht Polnisch und besucht das Nachbarland regelmäßig. Den Austausch mit Polen und die Verständigung hat er über viele Jahre im Rahmen zahlreicher Initiativen zur Stärkung der Beziehungen zwischen beiden Ländern gemeinsam mit der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Mecklenburg-Vorpommern (DPG in MV) unterstützt.  „Wir begrüßen es sehr, dass Robert Dahl die Aufarbeitung der Geschichte seines Unternehmens offensiv angeht. Diese Haltung ist ein wichtiger Beitrag auch zur gemeinsamen Geschichtsschreibung zwischen Deutschland und Polen”, so der Vorstand der DPG in MV.  Der Unternehmer möchte einen unabhängigen Historiker beauftragen, um die Vergangenheit seiner Familie weiter zu erforschen und die historischen Zusammenhänge detailliert aufzuarbeiten. Eine umfassende Untersuchung soll die genauen Umstände dieser Zeit klären. „Wir können die Vergangenheit nicht ändern“, so Dr. Marek Fiałek, Vorsitzender der DPG in MV, „aber wir müssen aus ihr lernen und Verantwortung übernehmen.“