2016-3

Liebe Mitglieder und Freunde der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Vorpommern,

wir sehen mit großer Sorge die Spaltung der Zivilgesellschaft in Polen. Nachdem Millionen von Polinnen und Polen in den 1980er Jahren auch für unsere Freiheit gekämpft haben, müssen wir uns erneut mit der Frage der Rolle der Opposition in Polen beschäftigen. Denn Freiheit und Demokratie können nur in einem Klima der Offenheit, Toleranz und der Fairness der Mehrheit gegenüber der Minderheit gedeihen. In diesem Sinne möchten wir die Menschen in Polen kennenlernen, die sich für Demokratie, Toleranz und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit einsetzen. Daher haben wir ein Seminar zur Opposition und zu sozialen Bewegungen im heutigen Polen organisiert. Wir möchten Ihnen die Möglichkeit geben die aktuellen Entwicklungen in unser Nachbarland besser zu verstehen. Gerade in Zeiten, in denen die politischen Beziehungen zwischen Deutschland und Polen auf Regierungsebene stagnieren, kommt der Zusammenarbeit zwischen den Menschen eine besondere Rolle zu.

Mit freundlichen Grüßen

Anna Gatzke, Martin Müller-Butz, Mattias Diekhoff, Niels Gatzke, Dr. Marek Fiałek, Julia Bartels, Martin Schröter

PS: Wir sehen uns spätestens beim polenmARkT, der auch dieses Jahr wieder ein spannendes und vielfältiges Programm zu bieten hat.

Opposition und gesellschaftliches Engagement in Polen heute: Das Beispiel Stettin

5. / 6. November 2016, Stettin

Seit den polnischen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen 2015, die mit einem Wahlsieg der nationalkonservativen Partei Prawo i Sprawiedliwość (PiS) – Recht und Gerechtigkeit endeten, ist die polnische Politik tief gespalten. Die Regierungspolitik der PiS stößt sowohl in Polen als auch in der Europäischen Union auf großen Widerstand. Das Verfassungsgericht und die öffentlichen Medien wurden der Regierung unterstellt, Beschäftigte wurden in zahlreichen Behörden ausgetauscht und die Aufnahme von Flüchtlingen wird abgelehnt. Während es in der polnischen Bevölkerung die höchste Zustimmung zur Europäischen Union im Vergleich zu allen anderen EU-Staaten gibt, bleiben die Zustimmungswerte der PiS seit den Wahlen stabil.

Das Seminar möchte einerseits der Frage nachgehen, woran das liegt, und einen Beitrag dazu leisten, die aktuelle polnische Politik und ihre Akteure besser zu verstehen. Polen ist andererseits im gesamteuropäischen Vergleich verhältnismäßig gut durch die Finanz- und Schuldenkrise in Europa gekommen, das Land wird als Wachstumswunder gepriesen. Sind die makroökonomischen Erfolge bei vielen Menschen nicht angekommen? Ist die Zustimmung der PiS auf eine soziale Unzufriedenheit zurückzuführen? Oder wenden sich die Polinnen und Polen in Zeiten zahlreicher Veränderungen in der Welt von der Demokratie ab?

Ziel des Seminars ist es nicht nur, Informationen und Hintergründe, warum es zu diesem Regierungswechsel und der hohen Zustimmung zur aktuellen polnischen Regierung gekommen ist, zu erfahren und zu reflektieren. Das Seminar soll auch die aktuellen politischen und sozialen Gegenbewegungen und deren Aktivitäten unter der nationalkonservativen Regierung am Beispiel Westpommerns und der Stadt Stettin (Szczecin) in den Blick zu nehmen.

Teilnahmebeitrag:
20,00 € mit Übernachtung und Verpflegung. Kosten der An- und Abreise müssen selbst übernommen werden.

Anmeldung:
bis zum 30. Oktober 2016. Die Teilnehmerzahl ist auf 20 Personen beschränkt.

Weitere Informationen finden Sie hier im Programm:
DPG-FES-Seminar-Opposition.

Wir freuen uns auf Ihr Interesse, Ihre Ideen und Ihre aktive Teilnahme!

Friedrich-Ebert-Stiftung, Landesbüro Mecklenburg-Vorpommern
Deutsch-Polnische Gesellschaft (DPG) Vorpommern e. V.

Deutsch-Polnische Zusammenarbeit in Mecklenburg-Vorpommern auf dem Prüfstand!

Ergebnisse einer Befragung aller Parteien durch die Deutsch-Polnische Gesellschaft (DPG) Vorpommern anlässlich der Landtagswahlen

Greifswald. Eine stärkere Zusammenarbeit mit Polen ist nach Auffassung der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Vorpommern entscheidend für die weitere Entwicklung Vorpommerns als Teil der grenzüberschreitenden Metropolregion Stettin. Aus diesem Grund hat die DPG Vorpommern anlässlich der Landtagswahlen 2016 Wahlprüfsteine zu deutsch-polnischen Themen erstellt, die sich an alle demokratischen, im Landtag vertretenden Parteien also SPD, CDU, Die Linke, Grüne sowie die AFD und die FDP richten.

Das Ziel der Wahlprüfsteine ist es, deutsch-polnische Themen stärker in den Blickpunkt des Landtagswahlkampfes zu setzen und über die Position der Parteien zu informieren.

Alle Parteien, bis auf die AFD, haben an der Befragung teilgenommen. Die DPG Vorpommern begrüßt, dass der deutsch-polnischen Zusammenarbeit insgesamt ein sehr hoher Stellenwert eingeräumt wird, dies machen die ausführlichen und überwiegend konkreten Vorschläge der Parteien deutlich. Kritisch zu sehen sind aus Sicht der DPG die häufig auftretenden Verweise, insbesondere der bisherigen Regierungsparteien SPD und CDU auf das EU-Fördermittelprogramm INTERREG V a zur Lösung von Problemlagen in der deutsch-polnischen Zusammenarbeit. Die Nutzung von EU-Mitteln und weiteren Fördermitteln sollte in eine umfassende Landesstrategie münden. Stärkere Impulse und eine deutlichere Präsenz durch das Land sind in allen Fragen der deutsch-polnischen Zusammenarbeit aus Sicht der DPG notwendig.

Die DPG Vorpommern hofft, dass die vielen Ansätze der Parteien und die bereits begonnenen Schritte der aktuellen Regierungskoalition insbesondere im Bereich der Sprachbildung als Grundvoraussetzung für die Zusammenarbeit mit Polen („Vorbereitung eines INTERREG-Projekts für den durchgängigen Spracherwerb Polnisch“) in der nächsten Legislaturperiode umgesetzt werden.

Die Antworten zu den insgesamt 45 Fragen in den Bereichen:

  • Nachbarsprache und Bildung,
  • Verkehr,
  • Wirtschaft und Arbeit,
  • Daseinsfürsorge,
  • Zivilgesellschaft und Kultur

befindet sich in einer durch die DPG Vorpommern gekürzten Fassung im Anhang.

 Auszüge aus den Antworten:

Zusammenfassung ohne Gewähr.

Nachbarsprache und Bildung

SPD, CDU und die Grünen sowie Die Linke wollen den langfristigen durchgängigen Spracherwerb Polnisch von der Kita bis zum Schulabschluss in Bildungseinrichtungen der Grenzregion fördern. Die SPD plant hierfür ein langfristiges Konzept, das in der nächsten Legislaturperiode umgesetzt werden soll.

Die Grünen, die FDP und Die Linke sehen die Einführung des bisher fehlenden Wahlunterrichtsangebots Polnisch in Grundschulen vor. Die Grünen und Die Linke wollen mehr Lehrerfortbildungsangebote für das Fach Polnisch anbieten sowie die Verbesserung des Personalschlüssels in Kitas, um bilinguale Kitas zu fördern.

Die SPD hat in den Haushalt 2017 die Stelle eines noch zu besetzenden Koordinators für deutsch-polnische Bildungszusammenarbeit eingestellt und die CDU fordert die Einberufung eines fachlichen Bildungsbeirats.

Verkehr

Die Grünen wollen die Einführung eines Integralen Taktfahrplans, der z. B. die Fahrtzeit auf der Bahnstrecke zwischen Greifswald und Stettin um 45 min. kürzen würde. Die CDU macht einen konkreten Vorschlag und will in der nächsten Nahverkehrsausschreibung die Anschlüsse verbessern und damit die Fahrzeitverkürzung erreichen. Die SPD und Die Linke möchten die Fahrtzeiten durch einen Streckenausbau verkürzen.

Wirtschaft und Arbeit

Alle Parteien befürworten den weiteren Ausbau der Metropolregion Stettin. Die Grünen und Die Linke fordern konkretere Konzepte und Projekte zur Umsetzung. Die Linke fordert ein Ende der „stiefmütterlichen Behandlung“ der Metropolregion Stettin.

Die SPD, CDU und Die Linke sehen als entscheidende Voraussetzung für die Verbesserung der grenzüberschreitenden wirtschaftlichen Aktivitäten den Ausbau der deutsch-polnischen Bildungszusammenarbeit, insbesondere im bilateralen Auszubildenden- und Fachkräfteaustausch.

Die Linke will eine Internationalisierungsoffensive gemeinsam mit den Tourismusverbänden zur Steigerung der Attraktivität touristischer Angebote in MV für polnische und weitere ausländische Gäste (Fremdsprachkompetenzen der Beschäftigten im Tourismus fördern, mehrsprachige Beschilderungen in Museen, Wegweiser, Speisekarten).

Daseinsfürsorge

Alle Parteien sind sich einig, dass die grenznahen Kommunen einer besonderen Unterstützung in Fragen der Daseinsvorsorge bedürfen (Nahverkehr, Umwelt-, Katastrophen- und Küstenschutz) und hierfür besondere Fördermaßnahmen notwendig sind. Die SPD will zu diesen Fragen die Zusammenarbeit mit Polen weiter vertiefen. Die CDU und die SPD sehen hierbei vor allem die EU-INTERREG-Fördermittel als geeignetes Instrument.

In Fragen der polizeilichen Zusammenarbeit beschränken sich die Antworten, meistens auf das bereits bestehende Polizeiabkommen. Ein mutiger Schritt der Schaffung von gemeinsamen Dienststellen im Grenzraum wird lediglich von einer Partei erwogen (Die Linke).

Zivilgesellschaft und Kultur

Die Grünen, die CDU, Die Linke und die FDP streben den Abbau von Hürden für zivilgesellschaftliche Akteure bei der Kleinprojektförderung der Euroregion Pomerania an. Dabei sollten Lösungen für die Erleichterung des Antragsverfahrens sowie Vorfinanzierung von Projekten gefunden werden.

Alle Parteien wollen die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in den Bereichen Kunst und Kultur ausbauen. Die Grünen wollen ein zusätzliches Budget über 300.000 € für interkulturelle Begegnungen und Projekte sowie bereits bestehende Leuchtturmprojekte wie etwa das polnische Kulturfestival „polenmARkT“ in Greifswald verlässlicher fördern.

Zur Verbesserung der Integration zugewanderter Polen in das deutsch-polnische Grenzgebiet möchten die CDU und die Grünen Projekte, die auf ein Zusammenwachsen der Gesellschaften gerichtet sind, fördern. Die Linke strebt an, die Kommunen von Landesseite stärker zu sensibilisieren. Die Linke und die Grünen möchten zudem eine Verbesserung des Angebots von Sprachkursen.

Auf die Frage, wie der Abbau von Stereotypen und Vorurteilen im Hinblick auf das Nachbarland Polen vorangetrieben werden kann, bleiben die meisten Parteien vage und verweisen auf bereits bestehende Austausch- und Begegnungsmöglichkeiten. Einzig die Grünen machen den konkreten Vorschlag, Imagekampagnen und Marketingaktivitäten des Landes für eine stärkere Werbung und Verankerung der Idee der Metropolregion Stettin zu nutzen.